Nach meiner kleinen Pause in Santa Marta hatte ich noch zwei Tage in Cartagena, bevor ich nach Medellin flog. Schon in Costa Rica hörte ich von der Airline Viva Colombia und deren unverschämt günstigen Flugtickets innerhalb Kolumbiens. So bezahlte ich für meinen Flug nicht einmal 40 Euro inkl. Gepäck. Da muss man nur bei der Buchung etwas aufpassen und hinzubuchen. Hätte ich tatsächlich nur ein einziges Handgepäckstück gehabt, wären es um die 28 Euro gewesen. Und sie nehmen es beim Check In sehr genau. Ich habe überall beobachten können, wie Leute für ein zweites Handgepäckstück nachzahlen mussten! Nichtsdestotrotz ist das Ticket ein absolutes Schnäppchen und erspart einem eine mindesten 10 stundenlange Busfahrt, die eh um die 20 Euro kostet.
Gut, Beinfreiheit sieht auch anders aus. Welch Erleichterung, dass ich die ganze Reihe für mich hatte.
Und wie war mein erster Eindruck von der Stadt? Ähnlich wie in Mexiko City war ich einen kurzen Moment von der Größe erschlagen. Wo man auch hinsieht, es ist ein einziges Häusermeer umgeben von Bergen. Und es war grau, regnete und mir war kalt. Noch dazu war in meinem Hostel keine Menschenseele! Zum ersten Mal war ich wieder allein, was sich sehr merkwürdig anfühlte.
Ich hatte das Geo Hostel im Stadtteil Poblado gebucht. Es ist DAS Viertel Medellins, wo einfach am meisten los ist. Und nach einem Spaziergang in der Gegend fühlte ich mich direkt pudelwohl. Schnell vergaß ich, wie groß die Stadt doch eigentlich ist. Außerdem erinnerte es mich an mein Viertel in Hamburg. Bars, Cafés, Restaurants und kleine Shops reihten sich aneinander. Die Leute sind gut gelaunt und kommen einem überall mit einem Lächeln entgegen.
Oh das hatte ich ja noch gar nicht erwähnt. Besonders in Medellin fiel mir auf, wie freundlich die Kolumbianer sind! An jeder Ecke wird man mit einem Hola begrüßt. Gut, die jungen Herren hatten da andere Sprüche und Geräusche auf Lager, ähnlich wie dieses Zischen der Kubaner. Nein, ich bin immer noch keine Katze, die auf ein Geräusch anspringt. Aber wie auch in Kuba war hier alles ganz harmlos und die Männer eben in Flirtlaune. Sowas erlebt man in Deutschland einfach nicht.
Das wohl größte Highlight von Medellin folgte direkt am nächsten Morgen. Ich hatte mir einen Tag vorher einen Platz in der kostenlosen Real City Tour gesichert.
4 Stunden würde mich diese Tour durch Medellin führen. Um 9 Uhr morgens trafen wir uns dafür mit unserem Guide Pablo und fuhren ein paar Stationen mit der Metro zum eigentlichen Startpunkt. Das fand ich bereits eine hervorragende Idee, da ich so direkt lernte, wie einfach das Metrosystem funktionierte. Eine Fahrt kostete weniger als 1US$ und es gab überall Schalter, an denen man Tickets kaufen konnte, ohne an Automaten zu verzweifeln!
Pablo war der mit Abstand beste Tourguide, den ich je hatte. Voller Enthusiasmus und Leidenschaft führte er uns von einem Punkt zum nächsten. Dabei erklärte er uns nicht nur die Bedeutung der einzelnen Gebäude, sondern hatte auch ein paar historische Geschichten auf Lager.
Außerdem konnte ich ihn fragen, wieso der Kokainhandel scheinbar ohne Probleme mit der Polizei abläuft und es mir an jeder Ecke angeboten wurde. Laut Gesetz ist in Kolumbien nur der Besitz strafbar, das Konsumieren hingegen nicht. Die Straßenverkäufer sind oft nicht in dem Besitz der Drogen, sondern vermitteln nur.
Die Kolumbianer selbst sind zudem nicht die Hauptkonsumenten. Sie wissen nur allzu genau, wie es besonders zu den Zeiten von Pablo Escobar in Medellin aussah. Medellin war eine der gefährlichsten Städte der Welt! Das alles aufgrund der Drogen. Es hat viele Jahre gedauert, aus dieser düsteren Zeit heraus zu kommen und sie soll auf keinen Fall zurück kommen. Wenn man jetzt also als Tourist Kokain konsumiert, „weil es ja so günstig ist“ oder „weil man es ja in Kolumbien unbedingt machen muss“, behandelt man sein Gastgeberland im Grunde wie Dreck und hat keinen Respekt vor der blutigen Vergangenheit. Die Konsumenten sind der Grund, warum es immer noch so viele Probleme gibt.
Leider kommt hier auch noch die Korruption der Polizisten hinzu. Leute, die beim Konsumieren erwischt werden, kommen nach einer kleinen „Spende“ einfach wieder davon. Pablo erklärte aber, dass in der Politik endlich das Thema Korruption nicht nur angesprochen wird, sondern auch etwas dagegen getan wird. Dies passiert natürlich nicht von heute auf morgen, aber immerhin tut sich etwas!
Genug vom Thema Drogen, zurück zur Stadtführung. Wieder einmal wurde ich an vielen Ecken positiv überrascht. Wenn man die Stadt aus der Vogelperspektive sieht, sieht man weder ein Ende, noch kann man besondere Bauwerke erkennen oder ist von der Aussicht fasziniert, wie bspw. in Paris. Geht man allerdings durch die Stadt, finden sich überall schöne Ecken und Kuriositäten, die einen zweiten Blick benötigen.
In Cartagena gab es ja einen Vorgeschmack auf die etwas kuriosen Skulpturen von Fernando Botero. Beim Plaza Botero kann man unzählige Figuren betrachten. Und wenn sie auf den ersten Blick alle zu viele Süßigkeiten hatten, so kann man bei manchen Skulpturen sehen, dass die Proportionen von Kopf bis Fuß durcheinander geraten sind.
Hier erkennt man ganz gut, dass die Proportionen nicht so ganz stimmen. Der Kopf des Pferdes ist viel zu klein und bei dem Herren unten…ist die Frau viel zu klein. Oder was fällt Dir auf?
Was auf dem nächsten Bild nach einer Kirche aussieht, ist auch eine. Davor warten jedoch Prostituierte auf ihre Kunden. Pablo bezeichnete den Katholizismus als endlosen Seifenspender. Sie sündigen, sie beichten, sie werden von ihren Sünden freigesprochen und es geht von vorn los. Praktisch, wenn dann alles dicht beieinander ist. Ein Abwasch quasi. Ein paar Straßen weiter werden Raubkopien von nicht jugendfreien Filmchen ebenfalls neben einer Kirche verkauft. Hat zumindest etwas Effizientes 😉
Es gab noch unzählige Geschichten dieser Art.
Zum Beispiel die von den älteren Herren, die Uhren handeln. Eigentlich aber nur Gesellschaft suchen.
Oder vom Parque de la Luz, einem ehemals gefährlichen Ort in Medellin, der jetzt jeden Abend in hellem Licht erstrahlt.
Was wir sonst noch zu sehen bekamen…
Das Street Food ist übrigens bedenkenlos zu empfehlen. Da man das Leitungswasser trinken kann, ist das Essen völlig in Ordnung. Sie frittieren eh fast alles…
So vergingen die 4 Stunden wie im Flug und ich habe mich nicht eine Sekunde gelangweilt! Im Gegenteil, ich war traurig, als die Tour vorbei war. Und wie es bei diesen Touren üblich ist, gibt man am Ende ein Trinkgeld. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Pablo ein gutes Einkommen hatte. So großartig die Tour war, so spendabel waren hoffentlich alle!
Spontan machte ich mich noch mit drei Teilnehmern auf dem Weg zu den Cable Cars, die einen zum Arvi Park bringen. Der erste Teil gehört noch zur Metro und man steigt kostenlos um. Für den Aufstieg zum Park benötigt man dann ein extra Ticket.
Nach all‘ den Geschichten über die Stadt konnte ich sie nun ein wenig mit anderen Augen sehen und die Aussicht genießen. Und nach gefühlt 10km zu Fuß unterwegs, tat die Pause in den Gondeln unglaublich gut.
Hier bekommt man auch einen ziemlich guten Eindruck von der Größe der Stadt!
Der Park selbst war nicht so überzeugend. Man geht im Grunde durch einen wenig spektakuären Wald spazieren. Auf der anderen Seite ist es dort so ruhig, dass man gar nicht mehr realisiert, dass man so dicht an der Stadt dran ist. Für das Erlebnis in den Cable Cars reicht der Teil, der zur Metro gehört, allemal aus. Die Ziege war so ziemlich das spannendste für mich 🙂
Als wir wieder in der Bahn auf dem Weg zurück waren, überkam mich dann doch die Müdigkeit. Nach mittlerweile 7 Stunden Citytour ohne Pause sehnte ich mich danach, die Beine hochzulegen.
Und so kam ich glücklich wieder in meinem Hostel an. Medellin muss man erleben und erkunden, um die Stadt richtig wahrzunehmen. Ich war mehr als froh, hier noch ein paar Tage verbringen zu können. Gut, in einem anderen Hostel, aber auf jeden Fall in dieser tollen Stadt!
Es warteten noch so einige Highlights. Die folgen dann im nächsten Beitrag!
No Comments